Die Feuerwerkscigarre.

Militärhumoreske von C. Crome-Schwiening
in: „Stralsundische Zeitung, Sonntagsbeilage” vom 14.12.1902


„Wenn ich nur erst wüßte, was Dich bewogen hat, Dich in unsere kleine Garnison versetzen zu lassen?” sagte Hauptmann Barleben zum Oberleutnant Egbert von Stein, als er Abends mit ihm das Kasino verließ. „Unser Oberst kann Dich kaum dazu verlockt haben, denn er ist bei all' seiner Herzensgüte ein komischer Kauz, der bei seinen Offizieren auf „Geistesgegenwart” herumreitet und ihnen in Bezug darauf allerlei überraschende Prüfungen auferlegt. Diese öde Garnison kann noch weniger Reiz auf Dich ausgeübt haben — also, was in aller Welt hat Dich hierher getrieben?”

„Kann es nicht die Sehnsucht nach Dir gewesen sein, mein Alter?” lachte der jüngere Offizier.

„Und das soll ich glauben?” erwiderte der joviale Hauptmann. „Na, als Kompliment laß' ich's mir immerhin gefallen. Das verdient sogar eine Belohnung. Da —” und der Hauptmann bot Egbert eine voluminöse Cigarre an — „eine aus meiner Sonntagskiste! Nee, Freundchen, gleich anbrennen, nicht einstecken. Soo —! Und nun biegt hier meine Straße ab — laß Dir von meiner „Flor fina” gesund heimleuchten und träume davon, welch' ein Esel Du warst, Deine frühere patente Garnison mit diesem Neste zu vertauschen!”

Der Hauptmann lachte hell auf, gab dem Oberleutnant einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter und verschwand im Dunkel, während Egbert von Stein langsam seinen Weg über die in der That sehr schlecht beleuchtete Promenade fortsetzte.

Auch er lachte vor sich hin. Ach, er wußte wohl, weshalb er sich hierher versetzen ließ. Es galt die Zuneigung seines neuen Obersten zu gewinnen, dessen reizendes Töchterchen er in G., seiner früheren Garnison, kennen und lieben gelernt hatte, während sie im Hause ihrer Tante weilte. Als sie jüngst hierher in das Haus ihrer Eltern zurückkehrte, , hatte er im Einverständniß mit der schönen Clairy seine Versetzung in diese Garnison beantragt. Nun war er hier als rangältester Oberleutnant und sofort mit der Führung der 4. Kompagnie, deren Hauptmann im Bade war, betraut. Von Clairy hatte er in diesen vierzehn Tagen nur ab und zu auf der Promenade einen innigen Blick erhaschen können. Er hatte im Hause des Obersten zwar seinen vorschriftsmäßigen Besuch gemacht, eine Einladung aber konnte er in dieser Zeit kaum erhoffen.

Daran dachte der Oberleutnant, als er an der geschenkten Flor fina saugend, über die halbdunkle Promenade dahinschritt. „Na,” unterbrach er plötzlich seine Gedanken, „wenn die aus Freund Barlebens Sonntagskiste ist, dann will ich mein Lebtag nicht Hauptmann werden und ich habe doch um Clairys willen die allerheftigste Sehnsucht nach den zwei Sternen. Pfui Teufel, die Cigarre schmeckt ja brenzlich!”

Er war schon im Begriff, das von seinem Freunde so gerühmte Kraut achtlos fortzuwerfen, als er kaum ein Dutzend Schritte vor sich zwei dunkle Gestalten gewahrte, die auf dem trockenen Sandboden der Promenade etwas zu suchen schienen. Beim Näherkommen sah er trotz der Dunkelheit, daß er anscheinend zwei Damen der guten Gesellschaft, eine umfangreichere und eine schlanke, zierliche vor sich habe, von denen die erstere gerade in die Worte ausbrach:

„Nein, Clairy, ich blieb sofort stehen, als ich meine Diamantbrosche herabgleiten fühlte — sie muß vor den Füßen liegen! Daß wir sie nur nicht zertreten!”

Clairy! Egbert fühlte sein Herz schneller schlagen. Da war also die Kommandeuse und ihr Töchterlein, dem sein ganzes Sehnen galt. Die Möglichkeit, der Mutter der Geliebten einen Dienst zu leisten, war gegeben. Im nächsten Augenblick stand er, die Hand am Mützenschirm, bei den Damen: „Oberleutnant von Stein! Ich sehe, die Damen haben etwas verloren, vielleicht kann ich mich beim Suchen nützlich erweisen.”

Clairy stieß einen leisen Ruf der Ueberraschung aus und die Frau Oberst richtete sich erfreut aus ihrer gebückten Stellung empor.

„Wenn Sie ein Streichholz hätten, Herr Leutnant.”

Natürlich! Egbert hätte sich vor Aerger prügeln mögen — in keiner Tasche eine Streichholzschachtel. Da kam ihm ein rettender Gedanke — seine noch glimmende Cigarre!

„Ich bitte um Vergebung, wenn ich meine Cigarre zu hellerem Glühen bringe —” er rauchte mit Todesverachtung einhalb Dutzend Züge aus der immer brenzlicher schmeckenden Cigarre — „so, jetzt ist's am Ende möglich — wenn gnädige Frau etwas zurückgehen möchten . . . ”

Diese Mahnung war unnöthig, denn beide Damen prallten überrascht zurück. Aus der auf den Boden gehaltenen Cigarre zuckte ein prasselnder Funkenregen, einen weiten Lichtkreis verbreitend. Egbert hielt die tückische Cigarre krampfhaft fest, erst nach ein paar Sekunden warf er sie zur Seite, wo sie mit schwachem Knall erlosch. Imzwischen aber hatte er triumphirend etwas aus dem Sande empor gehoben: „Ihre Brosche, gnädigste Frau Oberst — hier ist sie.”

„Tausend Dank!”L rief Frau Obert von Burday erfreut. „Nein, wie schnell Sie eine so überraschende und wirksame Beleuchtung zur Hand hatten! Mein Gatte wird Ihnen noch persönlich danken, Herr Oberleutnant. Komm, Clairy!”

„Also das nennst du aus der Sonntagskiste,” lachte Egbert glückselig, als er wieder allein seiner Wohnung zuschritt. „Eine Feuerwerkscigarre! Ba warte, mein Alter, die ist Dir nicht geschenkt, trotzdem sie ganz anders wirkte, als Du ajntest!” Und neuer beseeligender Hoffnungen voll begab sich Egbert von Stein zur Ruhe.

Tage waren vergangen. in Egberts braunlederner Cigarrentasche steckte, sorglich von den andern abgesondert, eine kräftig und durchaus vertrauensvoll aussehende Cigarre, die ihm der Verkäufer von Feuerwerksartikeln, als eine ganz besondere Scherz-Neuheit angepriesen hatte. Man könnte sie, da sie im Uebrigen aus edlem Tabak hergestellt sei, ganz gut und ahnungslos bis etwa zur Mitte rauchen, ehe sie ihre wahre Natur offenbare. Dann aber sende sie plötzlich aus einem Brillant-Funkenregen drei große farbige Leuchtkugeln empor. Bon — Egbert hatte sie sich eiligst zugelegt. Die farbigen Leuchtkugeln sollten bei irgend einer passenden Gelegenheit Freund Barlebens etwas weinrothe Nase doppelt schön erstrahlen lassen.

Aber der Hauptmann war vorsichtig, Alle Attacken auf sein Rauchgelüst schlug er mit einem listigen Blicke ab, ganz gegen seine Gewohnheit. „Du kommst mir noch!” dachte Egbert und ließ die Leuchtkugel-Habana an ihrem Platze in seiner Cigarrentasche.

Wenige Tage vergingen, da wird für das erste Bataillon eine Nacht-Felddienstübung befohlen.

„Freue Dich nicht zu sehr darauf,” meinte Hauptmann Barleben, auf dem Kasernenhofe zu seinem Freunde Egbert tretend. — „Für uns Hauptleute und Kompagnieführer sind diese Nacht-Felddienstübungen voller Fallen und Schlingen, die der Oberst unserer „Geistesgegenwart” zu legen pflegt. Im Uebrigen habe ich mit meiner ersten Kompagnie und Deiner vierten gegen die zweite und dritte zu manövriren. Was der „Alte” für Dich besonders ausspintisirt hat, wissen die Götter. Soviel ist sicher, daß er heute Deine Geistesgegenwrt ordentlich aufs Korn nehmen wird.”

Der Regimentsadjutant eilte heran und trennte die Freunde:

„Herr Hauptmann Barleben — der Herr Oberst drüben lassen bitten.”

Es waren nur wenige Worte, welche der Oberst an den Hauptmann richtete. Dieser griff an den Helm und kehrte nachdenklich, nachdem der Regiments­kommandeur den Kasernenhof verlassen, zu Egbert zurück.

„Was wollte denn der Oberst?” fragte dieser mit einem Blick auf Barlebens sinnende Miene.

„Dienstliches!” brummte Barleben und Egbert fragte nicht weiter. Beim Verlassen des Kasernenhofes aber dachte Barleben: „Was ist denn das wieder? Meine Kompagnie soll heute Abend mit einer Rakete versehen sein. Und besagte Rakete soll obendrein als Dienstgeheimniß behandelt werden. Armer Egbert, ich fürchte, sie soll das Faktum beleuchten, ob Du Geistesgegenwart in einem für unseren Oberst ausreichendem Grade besitzest.” Und kopfschüttelnd wandte sich der Hauptmann der Stadt zu, um eine einfache Feuerwerksrakete zu erstehen und dem erhaltenen Befehle gemäß „selbst zu verwahren”.

Mit munterem Trommel- und Pfeifenklang waren am späten Nachmittag die vier Kompagnien nach dem für die Nachtübung vorgeschriebenen Gelände abgerückt, nach dem die Kompagnieführer vorher die verschlossenen und erst auf dem Marsche zu öffnenden Couverts mit der „Spezialidee” vom Adjutanten empfangen hatten. Jede Kompagnie war einzeln und auf verschiedenen Wegen abgerückt.

Egbert war wohlgemuth und siegessicher. Er stand bei solchen Felddienstübungen seinen Mann. Er hatte Ueberblick und Dispositionstalent und fühlte sich der gestellten Aufgabe vollständig gewachsen. Er sollte mit seiner Kompagnie an der Lisière eines Wäldchens eine Feldwachstellung einnehmen und nach Vereinigung mit dem zweiten „Korps” — aus Freund Barlebens Kompagnie bestehend — einen Nachtangriff auf ein nahes kleines Dorf machen, in dem nach der Manöveridee der starke Feind, die 2. und 3. Kompagnie, eine durch schnell aufgeworfene Erdwerke angedeutete starke Stellung haben sollte.

Finster genug war die Nacht. Nur zuweilen trat der Mond hinter den Wolken hervor. Egbert hatte seine Feldwachstellung eingenommen und Patrouillen ausgesandt, um Verbindung mit der befreundeten Kompagnie herzustellen. Aber sonderbar — alle Patrouillenführer kamen mit der Meldung zurück: „Von der ersten Kompagnie nichts zu hören und zu sehen!”

Egbert ward unruhig. Was sollte das bedeuten? Da tönten auf der Wiese, welche von dem walde im weiten Umkreise eingeschlossen wurde, dumpfe Hufschläge. Ein Reiter näherte sich in kurzem galopp und hielt auf den Anruf des ersten doppelpostens , gab aber richtig Losung und Feldgeschrei, und wurde durchgelassen.

„Was Tausend,” rief Egbert, der gerade seine Vorposten inspizirte, während sein Bursche am Waldrande sein Pferd hielt. „Barleben, Du? Wo ist denn Deine Kompagnie? Ihr seid ja rein unauffindbar!”

„Dienstgeheimniß!” lautete die Antwort. „Wirst's schon merken. Aber das ist jetzt Nebensache. Du hast doch eine Cigarre bei Dir! Schnell heraus damit!”

„Warte Freundchen!” dachte Egbert. „Eine schöne Gelegenheit, Dir Deine „aus der Sonntagskiste” heimzuzahlen, kann's gr nicht geben.” Und im Handumdrehen war die ominöse Leuchtkugelcigarre in Barlebens Hand. „Warte, Du kannst auch Feuer bekommen — ja, Du steckst sie ja in Dein Etui . . . ?”

„Sollst auch wissen, warum?” lachte Barleben pfiffig. „Vorhin war der Regiments­adjutant bei mir, nur um des Himmelswillen eine Cigarre bei mir zu haben. Der Oberst hat sein Etui vergessen und der Adjutant ist Nichtraucher.

In zehn Minuten ist der Oberst bei mir drüben und da werd' ich mich bei ihm lieb Kind machen. Mit Deiner Cigarre, Freundchen. Denn auch ich hab', hols der Henker, meine Cigarrentasche zu füllen vergessen. Adieu!”

„Barleben!” schrie Ebgert, der in jähem entsetzen die hastigen Worte des Hauptmanns vernommen — „um des Himmelswillen, gieb mir die Cigarre wieder — Es ist ja . . .” Aber der Hauptmann hörte ihn nicht mehr, er war schon in der Dunkelheit verschwunden, schwächer und schwächer klang der Hufschlag seiner Stute auf dem weichen Wiesengrunde herüber.

„Heiliger Bimbam!” seufzte egbert rathlos. „Das hat man davon, wenn man sich rächen will. Um des Himmelswillen — der Oberst wird ja rasen, wenn ihm plötzlich die Leuchtkugeln vor der Nase aufsteigen. Barleben wird gestehen müssen, von wem er die verwünschte Spukcigarre hat und ich — — o Clairy, Clairy — Was thu' ich nur, was thu' ich nur?”

Minuten verstrichen, in denen Egbert Plan auf Plan, einer abenteuerlicher als der andere, faßte und wieder verwarf. Eine einzige schwache Möglichkeit blieb: Wenn der Oberst die angebotene Cigarre dankend ablehnte! Und an diese Möglichkeit klammerte sich Egbert. Nein, nein — das war nicht nur die Möglichkeit, das war schon mehr Wahrscheinlichkeit. Er kannte ja Barleben — dieser hatte sich nur einen Scherz mit ihm gemacht. Unsinn — sich so ins Bockshorn jagen zu lassen.

Der Oberleutnant athmete etwas freier auf und wischte sich den Angstschweiß von der Stirn. Er ging daran, die Inspizirung seiner Aufstellung zu vollenden. Und soeben war er wieder beim Pikett angekommen, als auf's Neue drüben bei den Posten Anruf und Antwort erscholl und zwei Reiter an der Lisière hielten: Der Oberst und der Adjutant.

Egbert stürzte auf ihn zu und meldete. Aber seine Stimme war dabei merkwürdig dünn und zitternd geworden, denn der Oberst — rauchte!

Und trotzdem schien er ungnädig zu sein. Während er in kurzen Worten die Aufstellung Egberts kritisirte, warf er nach den einzelnen gemachten Zügen zweifelnde Blicke auf die große Cigarre, an der er sog und die er auffallend häufig aus dem Munde nahm.

Und gerade jetzt war der Mond etwas hinter den Wolken hervorgetreten und warf seinen schwachen, bleichen Schimmer auch auf den von Egbert's Mannschaften besetzten Waldrand.

„Sie haben also noch keine Fühlung mit der gemeinsam mit Ihnen operirenden Kompagnie gewinnen können, Herr Oberleutnant?” begann der Oberst, augenscheinlich immer verdrießlicher an seiner Cigarre kauend.

Mit Mühe brachte Egbert seine verneinende Antwort hervor.

„Wenn Ihnen nun die andere Kompagnie aus weiter Ferne ein Zeichen ihrer Aufstellung gäbe, Herr Oberleutnant,” nahm der Oberst wieder das Wort — „welches Mittel hätten Sie, dasselbe zu erwidern? Da — sehen Sie dort!”

An der fernen, anderen Waldecke ging strahlend eine Rakete empor.

„Nun,” rief der Oberst ungeduldig, indem er die Hand mit der Cigarre auf den Oberschenkel herabsinken ließ — „Sie sehen, meine Annahme ist plötzlich zur That geworden. ich bin begierig zu sehen, wie Sie dies Signal beantworten!”

Ein ungeheuerlicher Gedanke bemächtigte sich Egberts. Er trat salutirend an den Obersten heran:

„Verzeihen der Herr Oberst, aber in Fällen der Noth gelten keine Rücksichten!” und mit diesen Worten entriß er dem Obersten die Cigarre, sprang — da der Mond wieder hinter Wolken getreten war — in die wieder in tiefem Dunkel liegende Waldwiese hinaus, schwang die Cigarre ein halbes Dutzend mal durch die Luft, um ihre Gluth zu vermehren, fuhr mit ihr gegen den Erdboden, als entzündete er dort etwas und hob dann mit dem ausgestreckten Arme die Cigarre hoch empor.

Da — eine leichte Detonation und eine grüne, eine rothe und eine blaue Leuchtkugel stiegen einige Meter empor, um dann strahlend zu zerplatzen. Und als hätte ihr Genie den Mond neugierig gemacht, erschien dessen volle Scheibe jetzt vor der Wolkenwand und machte für kurze Zeit Alles in der Runde erkennbar.

„Herr Oberleutnant von Stein!”

„Befehlen, Herr Oberst?”

„Hatten Sie die Leuchtkugel vorbereitet?” klang es streng aus des Kommandeurs Munde.

„Nein, Herr Oberst! Es war nur eine — Feuerwerkscigarre, die ich schnell zur Entzündung bringen mußte. Ich bitte gehzorsamst um Verzeihung, daß ich so wider allen Respekt des Herrn Oberst brennende . . .”

„Keine Ursache!” unterbrach ihn der Oberst kurz. „Sobald die beiden Kompagnien sich vereinigt haben, bitte ich den Angriff einzuleiten. Auf dem Rückmarsch erwarte ich Sie an der Tête des Bataillons, Herr Oberleutnant!”

Er sprengte davon, gefolgt vom Adjutanten, der noch einen bedauernden Blick auf Egbert warf. Ein solcher Streich auch: dem Kommandeur die Cigarre aus dem Munde zu reißen — — unglaublich!

Mit den jäh zertrümmerten Hoffnungen, die er gehegt, blieb Egbert zurück. Er mußte sich zwingen, seine Gedanken dem alsbald beginnenden Kriegsspiel wieder zuzuwenden. Aber der eiserne Dienst ist ein guter Tröster. In der nächsten Stunde war Egbert nur Soldat und erst, als nach abgebrochenem Gefecht im Morgengrauen die Kolonnen sich zum Rückmarsch ordneten, trieb der Befehl des Obersten, sich bei ihm zu melden, aufs Neue alles Blut zu seinem Herzen zurück. Was würde nun kommen?

Als Egbert sein Pferd neben dem des Obersten zügelte, winkte dieser ihm, an seiner Seite weiterzureiten und sagte:

„Herr Oberleutnant — die Geschichte mit der Feuerwerkscigarre ist mir noch zu dunkel, ich verlange volle Offenheit!”

Und nun beichtete Egbert — Alles! Als er geendet, hob der Oberst leicht die Hand zur Kopfbedeckung empor und sagte kühl:

„Es ist gut vorläufig! Ich danke Ihnen!”

Bedrückteren Herzens als zuvor kiehrte Egbert zu seiner Kompagnie zurück. Nun war gewiß Alles aus.

Erst auf dem Kasernenhofe entbot der Oberst die vier Kompagnieführer zu einer Kritik zu sich. Er tadelte Manches, dann aber fuhr er fort:

„Dagegen habe ich dem Führer der 4. Kompagnie, Herrn Oberleutnant von Stein, meine vollkommene Anerkennung auszusprechen. In einer durch mich veranlaßten schwierigen Episode hat er eine große Geistesgegenwart bekundet. Ich gratulire Ihnen dazu, Herr von Stein. Ihnen, meine Herren, danke ich! Herr von Stein, noch auf ein Wort!”

Und mit leiser Stimme fuhr der Kommandeur fort: „Ich habe Ihnen noch im Namen meiner Damen zu danken, Herr Oberleutnant, und Ihnen die Bitte meiner Frau mitzuteilen, heute unser Mittagsmahl theilen zu wollen. Wir essen Punkt zwei Uhr. Aber —” hier flog ein ebenso gütiges, wie schelmisches Lächeln über die Züge des Obersten — „sie schmeckte abscheulich!”

Er grßte, ritt davon und ließ Egbert in einem Gemisch von Scham und Seligkeit zurück.

zwei Monate spter wurde das Regiment durch die Nachricht überrascht, daß sich Oberleutnant Egbert von Stein mit der lieblichen Tochter des Obersten verlobt habe.

„Den Seinen giebts der Herr — bei der Nachtfelddienstübung!” sagte Hauptmann Barleben, der längst in Alles eingeweiht war, bei seiner Gratulation.

Als nach Jahresfrist Egbert Hauptmann geworden war, fand die Hochzeit statt. Gegen Ende des Diners hielt Hauptmann Barleben einen sonderbaren Spruch über den „Nutzen der Feuerwerkscigarren in der Liebe und in der Taktik,” der allen Anderen total unverständlich war. Nur der Oberst und sein glückstrahlender Schwiegersohn tauschten mit dem Sprecher einen lächelnden Blick. —

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